Nils Stump schreibt Geschichte – Was für ein Exploit: Nils Stump hat an der WM in Doha in der Kategorie bis 73 kg Gold gewonnen. Er ist der erste Schweizer Judo-Weltmeister überhaupt.
Nils Stump ist einer für die Geschichtsbücher. Als erster Schweizer überhaupt gewann er im letzten Herbst ein Grand-Slam-Turnier. Seither liess er einen weiteren Sieg auf höchster Turnierstufe sowie einen dritten Rang folgen und stiess unter die besten 10 der Weltrangliste vor.
Die Nummer 9 hatte er im Ranking der Gewichtsklasse bis 73 kg vor der WM inne – und Fabienne Kocher, seine Klubkollegin beim Judo Club Uster, sagte vor einigen Wochen: «Die Top 8 der Welt muss sich warm anziehen.»
Wie recht sie doch hatte. Denn nun hat Stump erneut Geschichte geschrieben und ist als erster Schweizer überhaupt Weltmeister. Kurz nach 18 Uhr Schweizer Zeit am Dienstagabend beendete er den letzten seiner fünf Kämpfe auf der Matte in Katars Hauptstadt Doha als Sieger.
Herausfordernder Turniereinstieg
Gerade die beiden ersten Kontrahenten Daga Qing (CHN) als auch Petru Pelivan (MDA) waren schwierig einzustufen. Dies war auf den unorthodoxen, beinahe abenteuerlichen Stil der Gegner zurückzuführen – ungewiss auch deshalb, da es zum Zeitpunkt noch kein Aufeinandertreffen mit dem Schweizer gab. Auf dem Blatt war Nils vorne, doch jeder Fehler hätte prekäre Auswirkungen haben können. Aber Stump war cool und abgeklärt, stand solide, war griffsicher und startete trotz Risiken seine Offensiven. Der Chinese Qing bekam einen starken O-soto-gari, gar O-soto-guruma wenn man so will, zu spüren. Der Moldawier (MDA) musste sich nach zwei Waza-ari beugen, zunächst durch Uchi-mata, gefolgt von Ura-nage. Nils meisterte die heikle Konkurrenz mit Bravour und zog in das Viertelfinale ein.
Prüfstein Hashimoto
Der Japaner Soichi Hashimoto ist alles andere als ein unbeschriebenes Blatt. Er zählt mit Sicherheit zu den stärksten Athleten -73kg unserer Zeit, davon zeugen vier WM-Medaillen und nicht weniger als 17 Podeste auf der IJF-Worldtour. Auch bei der WM in Doha war Hashimoto in Form – in seiner Startrunde besiegte er die Weltnummer 1 Lasha Shavdatuashvili aus Georgien in einem überzeugenden Kampf. Das Geheimrezept des Japaners bis zum Viertelfinale war ein Tai-otoshi über die rechte Seite, doch just im Kampf gegen den Schweizer wechselte er die Strategie und lancierte explosive Attacken mit Ippon-Seoinage über die linke Seite.
Nils Stump hielt stand. Zwar spürte man einen leichten Vorteil aufseiten Hashimotos, doch der Athlet vom JC Uster fand mit jeder Minute besser in den Kampf. Im Goldenscore liess er den Japaner schliesslich sein eigenes Geheimrezept spüren: ein Sasae-tsuri-komi-ashi mit engem Kontakt, wie man es jüngst mehrfach beobachten konnte, brachte Nils den siegreichen Punkt. Dank konsequentem Nachsetzen gab es für Hashimoto kein Ausweichen mehr. Eine richtungsweisende Hürde war geschafft, doch die Medaille war noch in der Schwebe.
Souveräner Finaleinzug
Zwischen dem Schweizer und dem Finaleinzug stand der Usbeke Murodjon Yuldoshev (Wnr. 5). Dieses Duell war eine erneute Premiere für die Zuschauenden. Yuldoshev konnte kürzlich den Grand Slam in Tashkent gewinnen und ist amtierender Vizemeister Asiens. Es gelang dem Usbeken aber nicht, Nils unter Druck zu setzen, der seinerseits alles unter Kontrolle behielt. Mit einer Fusstechnik gelang dem Schweizer ein Waza-ari, gefolgt von einer unüberwindbaren Festhaltetechnik.
Finalkampf gegen Manuel Lombardo (ITA)
Zum Zeitpunkt trafen Nils Stump und Manuel Lombardo noch bei keinem offiziellen Turnier aufeinander. Prognosen erwiesen sich als ungewiss, beide Athleten zeigten starke Leistungen an diesem Tag und haben sich ihren Platz im Kampf um Gold verdient gemacht.
Ein spannender Finalkampf nahm seinen Lauf und es ergaben sich Chancen auf beiden Seiten. Und doch spürte man, dass Nils Stump auch im Finale alles unter Kontrolle hatte. Der Schweizer dominierte im Griff- und Positionskampf, obschon der Italiener mit impulsiven Angriffen immer wieder den Rhythmus durchbrechen konnte. Nach Ablauf der regulären Kampfzeit ging es in den allesentscheidenden Goldenscore. Weitere drei Minuten liefen auf der Uhr ab, bis es zur entscheidenden Szene kam. Bei seinem Seoi-nage-Angriff stützte sich Lombardo unerlaubterweise auf den Kopf, was mit einer Disqualifikation bestraft wurde.
Eine ausserordentliche Leistung wurde mit dem Weltmeistertitel belohnt – wir verneigen uns und gratulieren von ganzem Herzen!